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Die passende Textlänge bei Kinderbüchern
„Und dann schreibe ich so, wie ich mir das Buch wünsche, wenn ich selbst ein Kind wäre. Ich schreibe für das Kind in mir.“ – Astrid Lindgren
Die mutige Ronja Räubertochter, Harry Potter oder der Grüffelo: Die Helden unserer Kindheit begleiten uns bis ins Erwachsenenalter. Kinderbücher erfreuen sich großer Beliebtheit in der Literaturwelt. Die Geschichte soll Leser und Vorleser unterhalten. Damit sie deine Kinder nicht langweilt oder sie die Lust am Lesen verlieren, darf sie nicht zu lang sein. Ist die Geschichte zu kurz, könnten Kinder schnell unterfordert sein und das Interesse daran verlieren. Die optimale Länge des Kinderbuchs richtet sich nach dem Alter des Kindes.
Die richtige Anzahl der Wörter spielt eine bedeutende Rolle bei Büchern, die für Kinder geschrieben sind. Man muss berücksichtigen, dass Kinder eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne als Erwachsene haben. Die Geschichte sollte prägnant sein und auf wenigen Seiten Emotionen wecken, damit sich die Kinder mit der Hauptfigur identifizieren können. Die Identifikation ist von zentraler Bedeutung, sei es im Bilderbuch, im Vorlesebuch oder im Jugendroman. Bedeutende Charaktere bleiben im Gedächtnis. Sie fesseln den Leser mit ihrer Geschichte und motivieren zum Weiterlesen. Umso wichtiger ist es, dass die Leser sie mögen, mit ihnen mitfühlen können und deshalb wissen wollen, was als Nächstes passiert.
Ein weiterer nicht zu verachtender Gesichtspunkt ist, dass sich die Lesequalität eines Erstlesers stark von der eines fortgeschrittenen Lesers unterscheidet. Deshalb ist es wichtig, das Alter seiner Zielgruppe zu kennen. Davon hängt ab, wie anspruchsvoll die Sprache sein darf, wie lang die Geschichte wird und wie viele Bilder eingefügt werden. Je jünger das Kind, desto einfacher sollte der Text gehalten sein und umso mehr Bilder müssen verwendet werden. Mit steigendem Alter nehmen die Bilder und Illustrationen ab und der Textanteil zu. Die Kinder sollen mit angemessen mehr Text gefordert, gleichzeitig aber nicht überfordert werden. Kinderbücher werden nach bestimmten Altersgruppen veröffentlicht. Diese sind verbunden mit formalen Vorgaben, wie der Umfang der Seiten, Wörter und Zeichen. In der Regel unterscheiden Verlage und Buchhandlungen Kinderbücher in folgende Altersgruppen:
- 0-2 Jahre: Bilderbücher
- 3-5 Jahre: Bilderbücher und Vorlesebücher
- 6-7 Jahre: Vorlesebücher und Erstlesebücher
- 8-12 Jahre: Kinderromane
- ab 12 Jahren: Jugendromane
- Die Geschichte vermitteln
Kinder lassen sich gern in unbekannte und phantastische Welten entführen. Damit dies gut gelingt, darf die Geschichte nicht zu kompliziert aufgebaut sein. Die Handlungsstränge müssen einfach und nachvollziehbar sein. Das gilt für Bilderbücher gleichermaßen wie für Erstlesebücher. Je älter das Kind ist, umso mehr Geschichtenstränge können parallel verlaufen. Besonders bei Vorlesebüchern kommt es nicht nur auf den Text an. Idealerweise werden durch das Buch mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen. Beispielsweise wird die Geschichte durch Wörter, Bilder und tastbare Elemente vermittelt. Je jünger ein Kind ist, umso weniger Farbe für die Bilder ist notwendig. Die Linienführung für die jüngsten Leser sollte klar erkennbar sein. Einfache Wörter und Sätze sind in Bilderbüchern nur eine Ergänzung. Für Erstleser ab sechs Jahren sind kurze Texte ohne verschachtelte Sätze optimal. Die Schrift sollte groß genug, linksbündig angeordnet und gut sortiert sein. Kinderromane und Jugendromane dagegen dürfen anspruchsvoller geschrieben sein.
Formale Kriterien
Egal ob für den quirligen Zweijährigen oder das achtjährige Geschwisterkind: Bücher für Kinder und Jugendliche müssen die Aufmerksamkeit des jungen Lesers gewinnen. Allerdings sollte man bedenken, dass Kinder ihre Bücher meist nicht selbst kaufen. Gerade der Klappentext und die ersten Seiten müssen sowohl Kinder als auch ihre Eltern ansprechen. Sie wollen vorher wissen, was sie von dem Kinderbuch erwarten können. Die Handlung muss von der ersten Seite an Fahrt aufnehmen. Jedes Wort ist bedeutend für den Fortschritt der Geschichte oder die Entwicklung der Charaktere. Gerade bei langwierigen Einleitungen verlieren die Kinder schnell die Motivation.
Der Text muss angenehm zu lesen sein. Eine verschnörkelte Schrift, die zu klein gedruckt wurde, sollte möglichst vermieden werden. Sonst kann es passieren, dass das Buch nicht gelesen wird, auch wenn es die richtige Länge hat. Wie lang sollte demnach ein Kinderbuch sein? Wie umfangreich darf der Text in Erstlesebüchern sein? Und wie viele Normseiten sollte ein Jugendroman haben?
Die so genannte Normseite ist ein Richtwert, um den Arbeitsaufwand eines Manuskripts sowie dessen Umfang einschätzen zu können. Die Bezeichnung wurde früher für das Schreiben mit der Schreibmaschine verwendet. Dort nutzte man 30 Zeilen à 60 Anschläge. Das entspricht also 1.800 Zeichen inklusive Leerzeichen. Eine Buchseite besteht aus Überschriften, Absätzen und Umbrüchen. Deshalb kommen die heutigen Normseiten auf 1.500 bis 1.600 Zeichen. Ein Kinderbuch hat oft weniger (1.200 bis 1.400 Zeichen), ein Roman für Erwachsene etwas mehr Zeichen (1.800 bis 2.000 Zeichen).
Eine falsche Textlänge bedeutet nicht zwangsläufig das Aus für die Buchproduktion. Die Qualität des Textes ist wichtiger als die Quantität. Gerade für das jüngste Publikum muss der Text verständlich und altersgerecht verfasst sein. Lange, ineinander verschachtelte Sätze sollten lieber in kurze und unkomplizierte Sätze umgewandelt werden. Wie lang ein Kinderbuch wird kommt auf das Alter des Kindes an. Bei Kinderbüchern für die Jüngsten geht es nicht ohne Bilder. Je älter das Kind, umso weniger Illustrationen werden gebraucht.
Geschichten aus der Perspektive des Kindes
Ein gutes Kinderbuch zeichnet sich durch einen zielführenden Inhalt aus. Das behandelte Thema sollte interessant für die Altersgruppe sein. Darüber hinaus ist eine angemessene Sprache wichtig. Der Text darf nicht zu abgehoben klingen, Umgangssprache ist Fach- und Fremdwörtern vorzuziehen. Die Sätze sollten klar strukturiert sein, um einen guten Lesefluss zu ermöglichen.
Besonders bei Kinderbüchern ist es wichtig, dass die Geschichte die Welt aus der Perspektive des Kindes darstellt. Welche Themen interessieren Kinder? Worüber sprechen sie gerne? Welche Fragen haben sie? Was macht ihnen Angst? Danach richtet sich der gesamte Handlungsstrang. Auch die Zeitform, in der die Geschichte erzählt wird, spielt eine große Rolle. Kinderbücher, die in der Gegenwart spielen, ermöglichen es den Lesern, sich in die Situation hineinzuversetzen. Der Schreibstil und die Wortwahl müssen an den Entwicklungsstand der entsprechenden Altersgruppe angepasst werden. Mode- und Jugendwörter haben im Kinderbuch nichts zu suchen. Coole Bezeichnungen ändern sich bei Kindern und Jugendlichen schnell.
Wie viele Wörter und Seiten sind angemessen?
0-2 Jahre: Bilderbücher
Bilderbücher sind oft die ersten Bücher, die sich kleine Kinder anschauen. Die verstärkten Seiten laden zum Stöbern, Entdecken und Erforschen ein. Sie enthalten oft nur wenige Wörter oder kurze Sätze. Zusätzlich sind sie mit vielen bunten und ansprechenden Bildern gestaltet. Bei Bilderbüchern geht es nicht um eine zusammenhängende Geschichte, sondern vielmehr um den visuellen Aspekt.
Kinder ab einem Jahr verstehen schon etwas mehr und entsprechend kann das Bilderbuch gestaltet sein. Die kurzen Geschichten haben einen einfachen und klaren Handlungsstrang. Kinder ab zwei Jahren wollen beim Vorlesen noch weiter eingebunden werden. Das passive Vorlesen wird ihnen schnell langweilig. Für diese Altersgruppe stehen Wimmelbücher hoch im Kurs. Spannend wird es vor allem, wenn die Bücher thematisch auf aktuelle Themen eingehen und Situationen aufzeigen, die im Alltag eine Rolle spielen. Ein gutes Beispiel ist das Zähneputzen.
3-5 Jahre: Bilderbücher und Vorlesebücher
Bilderbücher und Vorlesebücher für die Altersgruppe 3-5 Jahre bestehen oftmals aus 12 Doppelseiten und umfassen bis zu 10.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen). Oftmals sind es sogar weniger Zeichen. Bilderbücher mit mehr als 10.000 Zeichen sind selten. Da könnte die Geschichte schon wieder zu lang werden. Bilderbücher für 3- bis 5-Jährige fassen in wenigen Sätzen die wichtigsten Figuren und den Handlungsort zusammen. Die Dialoge dürfen nicht zu lang sein.
Die Konzentration bei Kindern ab drei Jahren nimmt stetig zu. Das sollte sich in den Vorlesebüchern widerspiegeln. Bücher mit etwas längeren Geschichten und Handlungssträngen werden nun interessant. Abwechslungsreiche Texte, die ein Mitmachen ermöglichen, stehen hoch im Kurs. Bücher, die die ersten Zahlen, Formen und Buchstaben vermitteln, sind in diesem Alter besonders populär.
Kinder ab vier Jahren interessieren sich für eine Vielzahl an Büchern. Sie können schon mehreren einfachen Handlungssträngen parallel folgen. Die ergänzenden Illustrationen werden farbenprächtiger und detailgetreuer. Im Vorschulalter verstärkt sich das Interesse an Buchstaben, Wörtern und dem Schriftbild. Der wachsende Wortschatz und die Fähigkeit, komplexeren Handlungssträngen folgen zu können, spiegeln sich in den Vorlesebüchern wider.
6-7 Jahre: Vorlesebücher und Erstlesebücher
Vorlesebücher haben zwischen 30 und 80 Normseiten. Sie setzen sich oft aus mehreren Geschichten zusammen, die zwei bis vier Normseiten umfassen.
Mit Schulbeginn lernen Kinder ab sechs Jahren Erstlesebücher kennen. Der überwiegende Teil der Konzentration wird in diesem Alter auf das Entziffern der einzelnen Buchstaben und Wörter verwendet. Deshalb ist es bei den ersten Leseversuchen von ungeheurer Wichtigkeit, dass die Texte einfach aufgebaut und nicht zu lang sind. Von Seite eins an sollte die Handlung mit der Hauptfigur starten. Farbenprächtige Bilder und Themen, mit denen sich Schulanfänger identifizieren können, motivieren zusätzlich zum Lesen.
Kinder ab sieben Jahren lesen schon merklich flüssiger. Sie bleiben nicht mehr am Entziffern einzelner Buchstaben hängen. Inhaltlich sollte das Erstlesebuch an die gesteigerte Lesekompetenz angepasst sein.
8-12 Jahre: Kinderromane
Kinderromane bestehen aus 100 bis 300 Normseiten. Darüber hinaus gibt es Bücher, die deutlich umfangreicher sind, wie beispielsweise „Harry Potter“ und die „Tintenwelt-Trilogie“. In dieser Altersgruppe ist die Länge des Textes abhängig davon, wie viele Bilder und Illustrationen eingefügt werden. Mit acht oder neun Jahren zählen viele Kinder schon zu richtigen Leseratten. Es gibt Kinderbücher ab acht Jahren, die mit wenig Text auskommen, wie „Die Schule der magischen Tiere“. Allerdings gibt es für die Altersgruppe auch Bücher mit längerem Text und weniger Illustrationen, wie zum Beispiel „Michel aus Lönneberga“. Kinderromane ab zehn Jahren sind kaum noch illustriert.
ab 12 Jahren: Jugendromane
Jugendromane weisen unterschiedliche Längen auf und haben einen ähnlichen Umfang wie Romane für Erwachsene. Jugendbücher mit bis zu 500 Seiten sind weit verbreitet. Die Geschichte wird oft auf mehrere Bände aufgeteilt, wie die „Twilight-Reihe“. Daneben gibt es Jugendromane, die keine 500 Seiten brauchen und trotzdem erfolgreich sein. Gute Beispiele sind hier „Die Welle“ und „Eisvogelsommer“.
Die Charaktere in Kinderbüchern sind meist ein bis zwei Jahre älter als die der Zielgruppe. Kinder lesen gern Geschichten, in denen die Hauptfiguren älter sind als sie selbst.